Folge 16: Aggression – Sind Menschen mit Demenz aggressiv?

Etwa 50 % der Menschen mit Demenz (MmD) zeigen ein aggressives Verhalten. Doch wieso ist das so? “Hinter jeder Aggression steht bei einem MmD ein Leid”, ist Judith Kronbachs Überzeugung, wenn sie in ihrer täglichen Arbeit mit aggressivem Verhalten zu tun hat. Diese Aggression ist oft eine Antwort auf ihre Umgebung oder auf spezifische Situationen, in denen sie sich nicht verstanden oder respektiert fühlen.

In dieser Folge schaut sie zusammen mit Verena Bosshard mögliche Auslöser der Aggressionen an und wie man am besten darauf reagiert. Anhand von Verena Bosshards erzählter Szene von Frau Huber, die im Pflegeheim aggressiv wird gegen ihre Betreuerin, erfahren wir, wie die Situation hätte entschärft werden können.

Im Interview mit dem Geriater Dr. med. Mathias Schlögl spricht Judith Kronbach über die personenzentrierte Therapie und die Wichtigkeit, sowohl die Gewohnheiten als auch die Biographie des betroffenen Menschen zu kennen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Biografiearbeit und das Verständnis individueller Bedürfnisse nicht nur dazu beitragen, Aggressionen zu vermeiden, sondern auch eine respektvolle und würdige Pflege fördern.

Aggression bei Demenz verstehen lernen

Aggression ist ein Thema, das oft mit Missverständnissen und Vorurteilen behaftet ist, insbesondere wenn es um Menschen mit Demenz geht. In der Podcast-Episode von „Chopfsach“ wird eindrücklich dargelegt, dass Aggression nicht als inhärente Eigenschaft von Menschen mit Demenz betrachtet werden sollte, sondern vielmehr als eine Reaktion auf ihre Umgebung und die Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind.

Ausdruck von Frustration

Ein zentraler Punkt, der in der Diskussion hervorgehoben wird, ist, dass nicht jeder Mensch mit Demenz aggressiv ist. Tatsächlich zeigen Schätzungen, dass etwa 50 % der Menschen mit Demenz in bestimmten Situationen aggressive Reaktionen zeigen können. Diese Aggression ist oft ein Ausdruck von Frustration, Verwirrung oder einem Gefühl der Ohnmacht. Menschen mit Demenz erleben häufig, dass ihre Fähigkeiten abnehmen, und dies kann zu einem tiefen Gefühl des Unbehagens führen. Wenn sie in ihrer Autonomie eingeschränkt werden oder nicht mehr die Kontrolle über ihr eigenes Leben haben, kann dies zu aggressiven Ausbrüchen führen.

Keine bösen Absichten

Ein Beispiel, das im Podcast angesprochen wird, ist die Situation eines Menschen, der jahrzehntelang ein ruhiges Leben geführt hat. Wenn dieser Mensch plötzlich in stressigen Situationen, wie zum Beispiel beim morgendlichen Aufstehen, unter Druck gesetzt wird, kann das zu Aggression führen. Es ist wichtig zu verstehen, dass solche Reaktionen nicht aus einer bösen Absicht heraus entstehen, sondern aus einem tiefen Bedürfnis nach Verständnis und Zeit.

Eingriff in die Autonomie

Die Umgebung spielt eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Aggression. Oft sind es die Erwartungen und Anforderungen, die an Menschen mit Demenz gestellt werden, die zu einem Gefühl der Frustration führen. Wenn Angehörige oder Pflegekräfte versuchen, ihnen Aufgaben abzunehmen oder sie zu bevormunden, kann dies als Eingriff in ihre Autonomie wahrgenommen werden. Das führt nicht nur zu Aggression, sondern auch zu einem Gefühl der Beleidigung und des Missmuts.

Unterschiedliche Wahrnehmung für zu Missverständnissen

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der im Podcast behandelt wird, ist die Diskrepanz zwischen der Realität der Menschen mit Demenz und der Wahrnehmung ihrer Angehörigen oder Betreuer. Während die Betroffenen möglicherweise glauben, dass sie bestimmte Fähigkeiten noch besitzen, sehen Außenstehende die Defizite. Diese unterschiedliche Wahrnehmung kann zu Missverständnissen und Konflikten führen. Es ist entscheidend, dass wir uns dieser Unterschiede bewusst sind und versuchen, die Perspektive der betroffenen Person zu verstehen.

Verständnis und Respekt dank Sensibilisierung

Die Verantwortung für die Entstehung von Aggression liegt nicht allein bei den Menschen mit Demenz, sondern auch bei ihrer Umgebung. Angehörige und Pflegekräfte haben die Möglichkeit, durch Verständnis und Empathie eine unterstützende Umgebung zu schaffen, die Aggressionen vermeiden kann. Indem wir uns über die Herausforderungen, die mit Demenz einhergehen, informieren und sensibilisieren, können wir besser auf die Bedürfnisse der Betroffenen eingehen und ihnen helfen, sich verstanden und respektiert zu fühlen.

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